Die Erarbeitung des Fokus

Für das Erlernen des Fokussierens sind die von mir angebotenen „Übungen im Fokussieren“ im Rahmen einer Gruppe eine ganz wesentliche Hilfe. Der konkrete Ablauf einer solchen Fallarbeit gliedert sich wie im folgenden beschrieben:

  1. Freie Darstellung des Falles wie in einer beliebigen  Supervisionsgruppe oder einer Balintgruppe.
    Wichtig ist die Beachtung der Frage: Welches Problem hat der Therapeut? Begleitendes Ausfüllen eines Fokalbogens durch die Zuhörer („Dreieck der Einsicht“ mit Symptomatik und auslösender Situation, biographische Genese  und Szene mit Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomenen, ferner vermutete Konfliktbereiche)
  2. Klärende Nachfragen
  3. Freie, assoziative Diskussion in der Gruppe
  4. Erarbeitung des akt. Hauptproblems (Erste Zentrierung) als „Anker“ für den Fokalsatz.
    Dazu Frage 1: Liegt ein Problem mit Motivation oder Arbeitsbündnis vor?  
    Wenn Ja: Es muß dies als aktuelles Hauptproblem benannt werden!

    Wenn Nein: Frage 2: Läßt sich die Symptomatik direkt verstehen und ins Unbewußte übersetzen? (meist nur bei neurotischen Symptome möglich)
    Wenn Ja: Symptomatik = aktuelles Hauptproblem
    Wenn Nein: Neuformulierung des Problems = zentrales Verhaltens- oder Beziehungsmuster herausarbeiten und benennen (meist bei psychosomatischen oder psychovegetativen Symptomen nötig) 
    Weitere Hilfen: Beachten der konkordanten Gegenübertragung:  Hat der Therapeut jetzt ein ähnliches Problem wie der Patient? Beachten der Gruppendynamik:  In welche Position kommt der Therapeut in der Gruppe? Welches Gefühl entsteht in der Gruppe?  Ähnelt es dem Problem des Therapeuten oder Patienten?

  5. Erarbeiten der unbewußten Hintergründe (Zweite Zentrierung)
  6. Zusammenfügen der beiden Bereiche zu einer „Sinn-Gestalt“  (Parallele zu Märchen/Bildern?)
  7. Nach einer ersten Formulierung des Fokalsatzes muß die Reaktion des Therapeuten auf die Fokusformulierung beachtet werden.
    Für ihn muß sie stimmig sein. Stimmt sie für ihn noch nicht, sollte die Reaktion des Therapeuten im Vergleich mit dem Verhalten des Patienten betrachtet und evtl. in eine Umformulierung einbezogen werden.
  8. Durchphantasieren einiger „Variationen des Themas“ für den Verlauf der Therapie.

Durch meine Auffassung des Fokus als eines Fokalsatzes mit einer klar erkennbaren „Gestalt“, der als das Ergebnis einer „Zentrierung in zwei Schritten“ erarbeitet wird, ist das Kriterium der „Fokalisierbarkeit“ hinfällig. Für jede Behandlung und jede Krise ist es möglich , einen Fokus zu erarbeiten, der unterschiedlich weit gefasst sein kann und damit auch unterschiedlich weit trägt.

Dadurch müssen natürlich die Indikationskriterien für Kurz- oder Langzeittherapie unabhängig vom Kriterium der „Fokalisierbarkeit“ bestimmt werden

Näheres dazu in meinem Buch oder in der Arbeit über die Indikation (1998)

Mehr erfahren:
Der Fokalsatz
Fokus und Psychoanalyse
Fokus und Kurzpsychotherapie
Fokus und Behandlungskrise